Arbeitswelt-Monitor
Ergebnisse der
1. Befragung
*April/Mai 2020
An der ersten Befragungswelle im April und Mai 2020 haben sich 11.083 Erwerbstätige beteiligt. Die Ergebnisse zeigen, dass Covid-19 und die politischen Eindämmungsmaßnahmen in der Frühphase der Pandemie große Teile Arbeitswelt in Bewegung gebracht haben: Kaum jemand, der in der Erwerbsarbeit keine Veränderungen spürte, kaum ein Aspekt von Erwerbsarbeit blieb unberührt.
Auffällig waren die großen Unterschiede im Erleben der Corona-Pandemie in den verschiedenen Bereichen der Arbeitswelt. In Dienstleistungsbranchen und –berufen dominierte der Blick auf die Infektionsrisiken, während die Selbständigen besonders stark von den negativen wirtschaftlichen Effekten getroffen wurden. Dies gilt auch – wenn auch weniger stark – für die Industrie und die dort verbreiteten technischen Berufe. Dagegen wechselten in den Bürobereichen und den Verwaltungsberufen zahlreiche Menschen ins Home-Office.
Bemerkenswert ist, dass trotz der Wucht, mit der die Pandemie die Arbeitswelt getroffen hat, viele Beschäftigte ihrem Arbeitgeber ein gutes Zeugnis ausstellen: Weniger als jeder sechste Beschäftigte zeigte sich unzufrieden.
Ergebnisse nach Themen
1. Zufriedenheit mit Arbeitgeber
In Anbetracht der weitreichenden Auswirkungen der Pandemie war die Zufriedenheit der Arbeitnehmer*innen mit ihrem Arbeitgeber überraschend hoch. Zweidrittel waren explizit zufrieden, weniger als jeder Sechste dagegen unzufrieden. Größere Anteile an Unzufriedenen fanden sich nur im Bau- und Gastgewerbe und im Handel.
Der Blick auf die Berufsgruppen verrät, dass die geringsten Anteile an Zufriedenen unter Produktionsarbeitenden und Dienstleistenden zu finden waren – also den beiden Gruppen, die unter den abhängig Beschäftigten am stärksten von negativen wirtschaftlichen Folgen und Infektionsrisiken betroffen wurden.
1. Fragetext: Alles in allem, wie zufrieden sind Sie insgesamt mit dem Handeln Ihres Arbeitgebers in der Corona-Krise?
2. Infektionssorgen
Vier von zehn Erwerbstätigen machten sich Sorgen vor einer Infektion am Arbeitsplatz, fast ein Viertel sogar deutliche. Frauen waren stärker betroffen als Männer, was primär an der besonderen Betroffenheit von Branchen und Berufen liegt, in denen Frauen stärker vertreten sind. Deutlich erhöht waren Infektionssorgen in den Dienstleistungsbranchen, in denen der Kontakt zu Kund*innen, Patient*innen oder Schüler*innen fester Bestandteil der Arbeit ist: Gesundheits- und Sozialwesen, Handel und Gastgewerbe.
Noch deutlicher ist das Bild auf der beruflichen Ebene. Unter den nicht-akademischen Dienstleistungsberufen (Dienstleistende) machte sich nur etwa ein Drittel keine Sorgen vor einer Infektion in der Arbeit. Unter den akademischen Dienstleistungsberufen (soziokulturelle Expert*innen) waren Infektionssorgen zwar etwas weniger verbreitet, aber immer noch deutlich stärker als in den anderen Berufsgruppen.
2. Fragetext: Ich mache mir Sorgen, mich bei meiner Arbeit mit Corona anzustecken.
3. Schutzmaßnahmen
Zweidrittel der Erwerbstätigen bewerteten die Schutzmaßnahmen ihrer Arbeit- oder Auftraggeber als ausreichend, ein gutes Viertel als unzureichend oder nicht vorhanden. Am Schlechtesten wurden die Schutzmaßnahmen in Erziehung & Unterricht und im Baugewerbe bewertet.
Auf beruflicher Ebene fielen – wie bei vielen anderen Themen – Produktionsarbeitende und Dienstleistende auf: In diesen Berufsgruppen bewertete jeweils nur die Hälfte der Erwerbstätigen die Schutzmaßnahmen als ausreichend. Zwar fiel die Bewertung auch unter den Selbständigen kritischer aus. Von diesen wurden jedoch die Schutzmaßnahmen der Auftraggeber bewertet.
3. Fragetext: Wie bewerten Sie Maßnahmen, die in Ihrem Arbeitsbereich zum Schutz der Mitarbeiter*innen vor einer Corona-Infektion umgesetzt wurden?
4. Einkommen
Jede*r fünfte Erwerbstätige hat in den ersten Monaten der Pandemie Verdiensteinbußen hinnehmen müssen. Besonders betroffen waren dabei das Gastgewerbe, die Kulturbranche, die Metall- und Elektroindustrie und der Handel.
Die größten Ungleichheiten finden sich jedoch auf der beruflichen Ebene. Unter den Selbständigen mussten deutliche Mehrheiten Verdiensteinbußen hinnehmen: Sechs von zehn Kleingewerbetreibenden und sogar Dreiviertel der Arbeitgeber*innen und freien Berufe verzeichneten sinkende Verdienste. Unter den abhängig Beschäftigten fielen vor allem Produktionsarbeitende mit überdurchschnittlichen Einbußen auf. Begründet war dies sicherlich in der verbreiteten Kurzarbeitsnutzung in der Industrie. Das Instrument sichert zwar mittel- und langfristig Arbeitsplätze, geht für viele Beschäftigte jedoch mit kurzfristigen Verdiensteinbußen einher.
4. Fragetext: Wie hat sich in der Corona-Pandemie ihr Verdienst entwickelt?
5. Belastungen
Die Veränderungen der Arbeitsbelastungen weisen ein interessantes Muster auf. Für beinahe jede*n zweite*n Erwerbstätige*n ging die Pandemie in den ersten Monaten mit steigenden Belastungen einher, ein gutes Sechstel berichtete reduzierte Arbeitsbelastungen. Im Vergleich mit den anderen Themenfeldern der Befragung blieben in der Entwicklung der Belastungssituation die Unterschiede zwischen Branchen und Beschäftigtengruppen relativ gering.
Dies gilt auch für die beruflichen Ungleichheiten. Besonders belastet waren Selbständige und die Dienstleistungsberufe. Auffällig war der im Vergleich große Anteil an Beschäftigten unter den Produktionsarbeitenden, für die sich die Belastungen nicht geändert haben.
5. Fragetext: Wie haben sich für Sie seit Beginn der Corona-Krise die Arbeitsbelastungen verändert?
6. Vereinbarkeit von Arbeit und Leben
Die Auswirkungen der Pandemie auf die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben fielen höchst verschieden aus: Für jeweils 28 Prozent der Erwerbstätigen verbesserte oder verschlechterte sich die Vereinbarkeit. Auffällig waren das Baugewerbe mit einem deutlich höheren Verschlechterungsanteil und Information & Kommunikation mit hohen Verbesserungsanteilen. Auf der beruflichen Ebene stachen die Selbständigen, die Dienstleistenden und – mit Abstrichen auch – die Produktionsarbeitenden hervor. In diesen Berufsgruppen berichteten deutlich mehr Erwerbstätige Verschlechterungen als Verbesserungen. Im Bürobereich – Management und Bürokräfte – meldeten hingegen mehr Beschäftigte Verbesserungen der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben.
6. Fragetext: Wie hat sich für Sie seit Beginn der Corona-Krise die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben verändert?
7. Home-Office
Fast 40 Prozent der Erwerbstätigen arbeitete in der Frühphase der Pandemie vermehrt von Zuhause, mehr als Zweidrittel davon arbeitete sogar überwiegend von Zuhause. In Westdeutschland war der Anteil höher als in Ostdeutschland. Zwischen den Branchen war der Zugang zum Home-Office ungleich verteilt: Besonders geringe Anteile gab es im Gast- und Baugewerbe, im Gesundheitssektor und im Handel.
Auch auf der beruflichen Ebene existierten starke Ungleichheiten im Zugang zum vermehrten Home-Office in der Pandemie. Produktionsarbeitende und Dienstleistende hatten kaum Zugang, während Bürotätigkeiten und akademische Berufe im Allgemeinen häufig ins Home-Office wechselten.
7. Fragetext: Arbeiten Sie aktuell vermehrt von zu Hause (Home-Office)?
8. Digitalisierung
Fast die Hälfte der Erwerbstätigen erlebt in der Phase des ersten Lockdown eine Digitalisierung in der Arbeit, ein Drittel sogar einen deutlichen Digitalisierungsschub. In Westdeutschland war die Reichweite der Digitalisierung spürbar größer als in Ostdeutschland. Auf Branchenebene gab es deutliche Unterschiede: Kaum Digitalisierung gab es im Handel, in der Gesundheit und im Gastgewerbe. Die Digitalisierung ist genauso wie das Home-Office überwiegend ein Phänomen von akademischen Berufen und Bürotätigkeiten. Produktionsarbeitende und Dienstleistende hatten kaum eine Chance, in der Pandemie ins Home-Office zu wechseln. Unter den nicht-akademischen Berufen erlebten nur Büro- und Verwaltungskräfte eine Digitalisierung der eigenen Arbeit.
8. Fragetext: Meine Arbeit ist durch Corona viel digitaler geworden.
9. Kinderbetreuung
Über die Hälfte von Erwerbstätigen mit Kindern erlebten häufige oder sogar sehr häufige Konflikte zwischen Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit. Frauen waren sehr viel stärker betroffen als Männer.
Zwischen den Berufsgruppen existieren Unterschiede in der Häufigkeit von Vereinbarkeitskonflikten, die jedoch primär auf Unterschiede in den Frauenanteilen in den Berufen zurückzuführen sind.
9. Fragetext: Wie häufig kommt es vor, dass Sie Schwierigkeiten haben, die Betreuung und Erziehung der Kinder mit Ihrer Arbeit zeitlich zu vereinbaren?
Schlussfolgerung
Die Corona-Pandemie hatte in den ersten Monaten weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Insbesondere die starken Ungleichheiten stellen Herausforderungen für Politik, Gesellschaft und Arbeitswelt dar. Es ist wichtig, die unterschiedlichen Auswirkungen der Pandemie ernst zu nehmen und die Perspektiven verschiedener Gruppen nicht gegeneinander auszuspielen. Die Gesellschaft kann es sich nicht leisten, dass sich wachsende Teile der Bevölkerung dauerhaft benachteiligt fühlen.
Die dritte Befragungswelle läuft. Helfen Sie uns, die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Arbeitswelt zu untersuchen. Machen Sie mit! Jede Stimme zählt!
Jede Stimme zählt!
Dies ist die vierte Befragung des Arbeitswelt-Monitors. Bitte nehmen sie sich 15 Minuten Zeit und machen Sie mit!
Eingeladen sind Erwerbstätige aus allen Wirtschaftszweigen und allen Beschäftigungsformen. Auch wenn Sie während der Pandemie Ihren Job verloren haben, können Sie gerne teilnehmen.
Die Befragung ist bis zum 1.2.-15.3.2022 geöffnet!
Die Teilnahme an der Befragung ist unabhängig von der Beteiligung an früheren Runden. Auch wenn Sie bisher nicht teilgenommen haben, sind Sie herzlich zur Teilnahme eingeladen!