Arbeitswelt-Monitor

Ergebnisse der
3. Befragung

*April/ Mai 2021

An der dritten Befragungswelle im April und Mai 2021 haben sich 7.165 Erwerbstätige beteiligt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Auswirkungen der Corona-Pandemie seit dem Frühjahr 2020 kaum verändert haben – und zwar weder in den absoluten Betroffenheiten noch in den Ungleichheiten. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind im zweiten „harten Lockdown“ die gleichen Berufe besonders von den Folgen der Pandemie betroffen wie im ersten im April/Mai 2020 – und die gleichen Berufe haben Zugang zum Home-Office, das für viele sowohl eine Schutzmaßnahme als auch eine Vereinbarkeits­ressource darstellt.

In den Interviews machen Erwerbstätige aus den von Ansteckungssorgen, unzureichenden Schutz­maßnahmen, Verdiensteinbußen, steigender Unsicherheit und wachsenden Arbeitsbelastungen besonders betroffenen nicht-akademischen Berufen deutlich, dass sie die anhaltenden Ungleichheiten als fehlende Anerkennung der eigenen Leistung und als Missachtung ihrer menschlichen Würde erleben.

Eigentlich fallen im Vergleich zu den ersten beiden Erhebungswellen vom Frühjahr und Dezember 2020 nur zwei Veränderungen auf. (1) Die Reichweite negativer Auswirkungen auf die Arbeitsbelastungen ist weitergewachsen. Inzwischen geben 6 von zehn Erwerbstätigen an, dass sich ihre Belastungen durch Corona erhöht haben. (2) Auch die Reichweite des Digitalisierungsschubs hat sich noch einmal erhöht. Vier von zehn Teilnehmer*innen geben an, ihre Arbeit sei seit Pandemiebeginn viel digitaler geworden.

Alle anderen Themen verblieben hingegen auf vergleichbarem Niveau mit der ersten Befragung vom April/Mai 2020. Dies gilt auch für die trotz der erheblichen Belastungen hohe Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber. Über 60 Prozent der abhängig Beschäftigten sind zufrieden mit dem Arbeitgeberhandeln in der Pandemie.

Ergebnisse nach Themen

1. Zufriedenheit mit Arbeitgeber

Weiterhin bleibt die Zufriedenheit mit dem Umgang der Arbeitgeber mit der Pandemie bemerkenswert hoch. 62% sind explizit zufrieden, nur 17% unzufrieden. Und auch die Ungleichheiten haben sich kaum verändert: Zwischen Männern und Frauen gibt es keine nennenswerten Unterschiede; auf Branchenebene finden sich die höchsten Anteile an Unzufriedenen weiterhin im Baugewerbe, im Gastgewerbe und im Handel.

Auch auf der beruflichen Ebene befindet sich die Zufriedenheit ungefähr auf dem Niveau vom Frühjahr 2020. Der starke Rückgang an Zufriedenheit im sogenannten „Lockdown light“ im Dezember 2020 unter Produktions­arbeitenden und den sozio-kulturellen Professionen (Dienstleistungs­berufe mit akademischem Hintergrund) wurde somit wieder ausgeglichen. Auch in diesen beiden Gruppen befindet sich die Zufriedenheit mit dem Arbeitgeberhandeln wieder auf dem Niveau der Eingangsbefragung vom April/Mai 2020.

1. Fragetext: Alles in allem, wie zufrieden sind Sie insgesamt mit dem Handeln Ihres Arbeitgebers in der Corona-Krise?

*Aril/ Mai 2021

2. Infektionssorgen

Der Anteil derjenigen, die Sorgen vor einer Ansteckung am Arbeitsplatz haben, hat sich seit Dezember 2020 stabilisiert. Weiterhin hat ein Viertel der Erwerbsarbeitenden Sorgen, sich auf der Arbeit mit SarsCoV-2 anzustecken. Frauen bleiben stärker betroffen als Männer, weil sie in den interpersonellen Berufen mit Menschenkontakt überrepräsentiert sind.

Schwerpunkt der Ansteckungssorgen bleiben die Dienstleistenden (ohne akademischen Hintergrund): 44 Prozent machen sich regelmäßig Sorgen. Im Vergleich zu Dezember 2020 zurückgegangen sind die Ansteckungs­sorgen unter den sozio-kulturellen Professionen. Hier befinden sich die Sorgen wieder auf dem Niveau der Frühphase der Pandemie. Der starke Anstieg im Herbst 2020 ging vor allem auf die Lehrkräfte zurück, die die fehlenden Schutzmaßnahmen in geöffneten Schulen beklagten. Unter Produktionsarbeitenden sind die Ansteckungssorgen hingegen leicht gestiegen: Die Interviews weisen darauf hin, dass in vielen Betrieben längst wieder gearbeitet wird wie vor Beginn der Pandemie.

2. Fragetext: Ich mache mir Sorgen, mich bei meiner Arbeit
mit Corona anzustecken.

*April/Mai 2021

3. Schutzmaßnahmen

Die Qualität der Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz haben sich in den Augen der Erwerbstätigen im Pandemieverlauf leicht verbessert. Im April/Mai 2020 gaben 63 Prozent an, die Maßnahmen an ihrem Arbeitsplatz seien ausreichend, im April/Mai 2021 69 Prozent. Frauen bewerten die Schutzmaßnahmen etwas schlechter als Männer. Wie bei den Ansteckungssorgen hängt dies mit der Überrepräsentation von Frauen in den besonders betroffenen Dienstleistungsberufen zusammen. Trotz der allgemein verbesserten Einschätzungen der Schutzmaßnahmen bleiben die Branchedifferenzen relativ stabil: Die kritischste Haltung der Beschäftigten findet sich im Baugewerbe, gefolgt vom Sozialwesen und vom Handel.

Auch auf beruflicher Ebene haben sich die Ungleichheitsmuster nur geringfügig verändert. Weiterhin sind die Dienstleistenden am stärksten von unzureichenden Schutzmaßnahmen betroffen, gefolgt von den sozio-kulturellen Professionen und den Produktionsarbeitenden. Insgesamt fällt auf, dass auch nach einem Jahr Pandemie die nicht-akademischen Berufe, also die Ausbildungsberufe und Anlerntätigkeiten, häufiger unter unzu­reichenden Schutzmaßnahmen arbeiten müssen.

3. Fragetext: Wie bewerten Sie Maßnahmen, die in Ihrem Arbeitsbereich zum Schutz der Mitarbeiter*innen vor einer Corona-Infektion umgesetzt wurden?

*April/Mai 2021

4. Einkommen

Auch die Reichweite von Verdiensteinbußen hat sich kaum verändert: Wie in der Frühphase der Pandemie müssen auch im April/Mai 2021 ein Fünftel der Erwerbstätigen Verdiensteinbußen hinnehmen. Ebenfalls Stabilität zeigt sich bei den Geschlechterunterschieden: Männer sind stärker betroffen, weil sie in den selbständigen Berufen stärker vertreten sind. Auf Branchenebene sticht der Handel heraus, der die Metall- und Elektro­industrie als am stärksten betroffene Branche abgelöst hat.

Die Verschiebungen auf Branchenebene beeinflussen auch die beruflichen Ungleichheiten in den Verdiensteinbußen. Mit Abstand am häufigsten unter materiellen Einbußen leiden die selbständigen Berufe. Unter den abhängig Beschäftigten sind Dienstleistende und Produktionsarbeitende am stärksten betroffen. Insgesamt sind die Ausbildungsberufe und Anlerntätigkeiten deutlich stärker betroffen als die akademischen Berufe.

Weiterhin finden sich große Ungleichheiten auf der beruflichen Ebene. Immer noch sind die Selbständigen besonders stark von Verdienst­einbußen betroffen: Sechs von zehn Kleingewerbetreibenden und eine knappe Hälfte der Arbeitgeber*innen und freien Berufe verzeichneten sinkende Verdienste. Unter den abhängig Beschäftigten fielen vor allem Produktionsarbeitende mit überdurchschnittlichen Einbußen auf. Weniger stark betroffen sind Produktionsarbeitende. In einigen Bereichen der Industrie hat das Auftragsvolumen wieder spürbar angezogen.

4. Fragetext: Wie hat sich in der Corona-Pandemie ihr Verdienst entwickelt?

*April/Mai 2021

5. Belastungen

Im Vergleich zur ersten Befragung im April/Mai 2020 sind die Arbeits­belastungen der Erwerbstätigen – ausgehend von einem hohen Niveau – noch einmal angestiegen. 6 von 10 Erwerbstätigen melden im April/Mai 2021, ihre Belastungen seien im Vergleich zu der Zeit vor der Pandemie gewachsen. Gestiegene Arbeitsbelastungen sind in der Pandemie nicht nur ein vorübergehendes Phänomen. Die Belastungen sind vielmehr ein Dauerphänomen. Zugleich sind die Ungleichheiten in den Pandemie­auswirkungen auf die Arbeitsbelastungen im Vergleich mit den anderen Themenfeldern des Arbeitswelt-Monitors gering ausgeprägt. Steigende Arbeitsbelastungen sind somit ein vergleichsweise generalisiertes Pandemierisiko.

Dies gilt auch für die beruflichen Ungleichheiten. Zwar fallen die Dienst­leistungsberufe auf, weil unter ihnen die Zunahme der Belastungen besonders groß ausfällt. Im Vergleich zu den anderen Themenfeldern sind diese allerdings gering.

5. Fragetext: Wie haben sich für Sie seit Beginn der Corona-Krise die Arbeitsbelastungen verändert?

*April/ Mai 2021

6. Vereinbarkeit von Arbeit und Leben

In der Frühphase der Pandemie waren Verbesserungen und Verschlecht­erungen der Vereinbarkeit von Arbeit und Leben noch ungefähr gleich verteilt. Im Dezember 2020 war der Anteil derjenigen, die eine Verbesser­ung der Vereinbarkeit sehen, deutlich gesunken. Nur noch ein gutes Fünftel erlebte die Pandemie als Verbesserung der Work-Life-Balance. Im April/Mai 2021 war diese Tendenz wieder leicht zurückgegangen. Immer noch sahen mehr Erwerbstätige eine Verschlechterung (31 Prozent) als eine Verbesserung (24 Prozent). An den Branchenunterschieden hat sich wenig verändert.

Trotz der Verschiebungen haben sich die Ungleichheiten auf Branchen- und Berufsebene kaum verändert. Wie auch die Arbeitsbelastungen sind auch die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben weitgehend generalisiert. Es gibt vergleichsweise geringe Unterschiede zwischen Branchen und auch zwischen Berufen.

6. Fragetext: Wie hat sich für Sie seit Beginn der Corona-Krise die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben verändert?

*April/ Mai 2021

7. Home-Office

Der Home-Office-Anteil liegt in den beiden „harten Lockdowns“ bei knapp 40 Prozent. Ein Viertel der Erwerbstätigen arbeitete überwiegend von zu Hause, ein weiteres Sechstel gelegentlich. Im Dezember 2020 lag der Wert etwas geringer, aber im April/Mai 2020 und im April/Mai 2021 waren die Anteile nahezu identisch. Die hohe Vergleichbarkeit gilt auch für die Branchen- und Berufsunterschiede. Hochburg des Home-Office bleibt Information & Kommunikation, die geringste Verbreitung hat das mobile Arbeiten weiterhin im Gesundheitssektor, im Handel, im Baugewerbe und in der Gastronomie.

Auch auf der beruflichen Ebene zeigen sich starke und stabile Ungleich­heiten. Auch im zweiten „harten Lockdown“ ist das Home-Office über­wiegend eine Angelegenheit der akademischen Berufe. Insbesondere Dienstleistende und Produktionsarbeitende können auch in der Pandemie kaum von zu Hause arbeiten.

7. Fragetext: Arbeiten Sie aktuell vermehrt von zu Hause (Home-Office)?

*April/ Mai 2021

8. Digitalisierung

Der pandemiebedingte Digitalisierungsschub hat im Pandemieverlauf noch einmal Fahrt aufgenommen. Gaben im April/Mai 2020 noch 33 Prozent an, ihre Arbeit sei durch die Pandemie viel digitaler geworden, sind dies ein Jahr später schon 39 Prozent. Auffällig ist auch, dass die Digitalisierung nach einem Jahr Pandemie nicht mehr vollständig identisch mit dem Home-Office ist. Offensichtlich haben viele Arbeitgeber in der Zwischenzeit weitere Digitalisierungsmaßnahmen implementiert.

Trotz intensivierter Digitalisierungsbemühungen sind die Ungleichheits­muster aus der Frühphase der Pandemie stabil geblieben. Weiterhin sind die akademischen Berufe deutlich stärker von einem Digitalisierungs­schub betroffen als Ausbildungsberufe und Anlerntätigkeiten.
 

8. Fragetext: Meine Arbeit ist durch Corona viel digitaler geworden.

*April/ Mai 2021

9. Kinderbetreuung

Auch bei den Vereinbarkeitskonflikten zwischen Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit zeigt sich sehr viel Kontinuität zwischen den beiden Erhebungswellen im April/Mai 2020 und im April/Mai 2021. Ungefähr die Hälfte der Erwerbsarbeitenden mit Kindern melden häufige oder sogar sehr häufige Konflikte. Wenig überraschend sind weiterhin Frauen deutlich stärker als Männer betroffen. Die wenigen Branchendifferenzen sind vorwiegend auf Unterschiede im Frauenanteil zurückzuführen.

9. Fragetext: Wie häufig kommt es vor, dass Sie Schwierigkeiten haben, die Betreuung und Erziehung der Kinder mit Ihrer Arbeit zeitlich zu vereinbaren?

*April/ Mai 2021

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse der dritten Welle des Arbeitswelt-Monitors zeigen, dass die Pandemie auch nach einem Jahr weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitswelt hat. Besonders auffällig ist, dass sich die aus der Frühphase der Pandemie bekannten Ungleichheitsmuster auch im April/Mai 2021 fortsetzen. In bestimmte Berufen sind Infektionsrisiken, wirtschaftliche Lasten und steigende Arbeitsbelastungen zu einem täglichen Begleiter geworden, in anderen ist das mobile Arbeiten zu einer dominanten Erfahrung geworden.

Das Bild sich verfestigender Lasten und Risiken war schon im Dezember 2000 zu erkennen. Nach einem Jahr Pandemie treten die Ungleichheiten noch deutlicher zu Tage. Offen ist, wie sich die Ungleichheiten im Arbeitserleben in der Pandemie langfristig, als auch nach dem Ende der pandemischen Notlage, auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirken. Wichtig ist, dass sich die Wertschätzungsdefizite und materiellen Notlagen in den besonders belasteten Berufen nicht weiter verschärfen.

Jede Stimme zählt!

Dies ist die vierte Befragung des Arbeitswelt-Monitors. Bitte nehmen sie sich 15 Minuten Zeit und machen Sie mit!
Eingeladen sind Erwerbstätige aus allen Wirtschafts­zweigen und allen Beschäftigungsformen. Auch wenn Sie während der Pandemie Ihren Job verloren haben, können Sie gerne teilnehmen.

Die Befragung ist bis zum 1.2.-15.3.2022 geöffnet! 

Die Teilnahme an der Befragung ist unabhängig von der Beteiligung an früheren Runden. Auch wenn Sie bisher nicht teilgenommen haben, sind Sie herzlich zur Teilnahme eingeladen!

 

 

 

Haben Sie noch Fragen?

Wenden Sie sich an:
Prof. Dr. Hajo Holst: hajo.holst@uni-osnabrueck.de